Übersicht

Auf dieser Seite fassen wir die wichtigsten Informationen rund um das Vorhaben zusammen, die Universität Göttingen in Emmy-Noether-Universität umzubenennen.

Wenn ihr Fragen, Anmerkungen oder ganz generell Gedanken zu dem Projekt habt, könnt ihr diese jetzt unter emmy-noether <at> uni-goettingen.de loswerden. Die Adresse wird vom AStA verwaltet.


Chronologie

  • 02. Juli 2020: Erste öffentliche Äußerung des Vorhabens durch die Nordcampus Hochschulgruppe in Form eines eingereichten Antrags an das Studierendenparlament. In einem Post wurde außerdem beschrieben, warum die Gruppe das Vorgehen zu diesem Zeitpunkt für sinnvoll hält.
  • 09. Juli 2020: Annahme des Antrags im Studierendenparlament mit 42 Ja-Stimmen, 2 Nein-Stimmen und einer Enthaltung. Dies entspricht einer 2/3-Mehrheit im Parlament.

Argumente

Pro

  • Emmy Noether hat ein höheres Identifikationspotential , da sie tatsächlich eine Verbindung zur Universität aufweist.
  • Die erste Universitätsbenennung in Deutschland nach einer weiblich gelesenen Person verleiht Göttingen ein positives Image.
  • Es ist nicht mehr zeitgemäß, dass eine Universität, die sich der Demokratie und der Aufklärung verpflichtet sieht, nach einem autokratischen Herrscher benannt ist.
  • Die Leistungen Emmy Noethers sind unbestreitbar. Sie wird in weiten Kreisen als eine der wichtigsten Mathematikerinnen aller Zeiten angesehen.
  • Emmy Noether trug maßgeblich dazu bei, dass Göttingen in den 1910er- und 1920er-Jahren eines der, wenn nicht das globale Zentrum der mathematischen Forschung war. Dadurch hat sie bis heute einen nicht zu vernachlässigenden Anteil an dem Ruf, den die Universität genießt.
  • Zu ihren Lebzeiten wurde ihr die ihr zustehende Anerkennung nie zuteil. So hielt sie trotz ihrer unbestrittenen Leistungen nie einen Lehrstuhl und konnte von ihrem Lehrauftrag gerade so leben.
  • Mit der Ehrung einer jüdischen Wissenschaftlerin, der von den Nazis die Lehrbefugnis entzogen wurde, trägt die Universität an höchst prominenter Stelle ein Stück zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit bei (womit nicht gesagt ist, dass diese bisher nicht stattfindet; im Gegenteil: die Uni hat ein eigenes Portal zur Aufarbeitung ihrer Vergangenheit und Noethers Name steht an einer Plakette zum Gedenken an die Vertreibung von Wissenschaftler*innen in der NS-Zeit).
  • Die bisherige Abkürzung der Uni Göttingen wäre „GAU“, die aus naheliegenden Gründen wenig Verwendung findet. Nach einer Umbenennung wäre es die unverfänglichere Abkürzung „ENU“.

Contra

  • Eine Umbenennung kostet Geld.
    • Die Kosten ließen sich im Rahmen halten bzw. über Jahre strecken lassen, wenn man die Umbenennung „fließend“ gestaltet, das heißt zum Beispiel über mehrere Jahre den alten Namen als legitimen Zweitnamen zulässt und z.B. Schilder erst austauscht, wenn sowieso Sanierungsarbeiten anstehen.
  • Mit dem Verlust des Namens geht Tradition verloren.
    • Tradition hängt an mehr als einem Namen. Es gibt in Göttingen viele Traditionen, die sich überlebt haben, aber auch solche, die neu aufgekommen sind. Genauso haben viele Universitäten im Laufe ihrer Geschichte ihren Namen geändert, ohne dass damit ihre Tradition verloren gegangen wäre. Im Gegenteil: Es wird daurch eine neue Tradition geschaffen, mit derman sich identifizieren kann.
  • Der Zeitpunkt ist ungünstig, da gerade die Wahl der neuen Unileitung ansteht.
    • Zum einen wird diese Debatte die Uni noch über die Wahl der neuen Präsidentin oder des neuen Präsidenten hinaus begleiten.
    • Zum anderen ist der Zeitpunkt gerade deshalb günstig, weil mit dieser Wahl ein Neuanfang bevorsteht. Dieses Argument ist hier etwas weiter ausgeführt.
  • Mit dem Verlust ihres traditionellen Namens verliert die Universität auch an internationaler Sichtbarkeit
    • Die Universität ist in der Wissenschaft nicht in erster Linie für ihren Namen bekannt, sondern für den wissenschaftlichen Output, für ihr Umfeld auf dem Göttingen Campus etc. Gerade im internationalen Kontext tritt sie auch häufig nicht unter ihrem traditionellen Namen auf, sondern unter „Universität Göttingen“ (bzw. Übersetzungen davon). Darüber hinaus würde die Universität durch die Umbenennung zumindest zeitweise sicherlich sogar an Sichtbarkeit gewinnen, wenn auch nicht in der Wissenschaft.
  • Mit Emmy Noether wird eine Wissenschaftlerin einer sehr eng umgrenzten Disziplin geehrt, was für eine Volluniversität problematisch sein könnte.
    • Mit der Justus Liebig Univesität gibt es in Gießen eine Volluniversität, die nach einem Chemiker benannt ist. Ebenso ist die Universität Mainz, obwohl keine technische Universität, nach dem Erfinder Johannes Gutenberg benannt und die Universität Magdeburg nach Otto von Guericke, der zwar laut Wikipedia „Politiker, Jurist, Physiker und Erfinder“ war, jedoch maßgeblich für seine Leistungen im Gebiet der Vakuumtechnik bekannt wurde. Es ist also nicht unüblich, dass auch breit aufgestellte Universitäten nach Persönlichkeiten mit Leistungen auf einem eingegrenzten Feld benannt werden.
    • Emmy Noether hat unzweifelhaft große Leistungen auf dem Gebiet der Mathematik erbracht und ist als Mathematikerin bekannt geworden. Man darf jedoch nicht den Fehler machen und sie auf die Identität als „Mathermatikerin“ reduzieren. Sie ist genau so „Frau“, „Jüdin“, „Sozialistin“, war anfangs „wissenschaftliche Außenseiterin“ und gleichzeitig „wissenschaftliches Ausnahmetalent“. All dies sind Identitäten, die ihren Lebensweg geprägt haben und ohne die sie nicht diese historisch einzigartige Rolle hätte, die sie zu der idealen Namenspatronin der Universität Göttingen macht.

Wer war Emmy Noether?

Die Informationen in diesem Abschnitt stammen im Wesentlichen von der Seite der Wissenschaftshistorikerin Cordula Tollmien, abgerufen am 10. Juli 2020.

Kurzbiografie

  • Geboren am 23. März 1882 in Erlangen als Tochter des Mathematikprofessors Max Noether und seiner Frau Ida
  • 1889-1897: Schulbesuch in Erlangen
  • 1897-1900: Privatunterricht in Erlangen und Stuttgart
  • 1900-1903: Gasthörerin in Mathematik an der Universität Erlangen
  • 1903: Reifeprüfung in Erlangen
  • WS 1903/04: Gasthörerin in Mathematik an der Universität Göttingen
  • 1904: Immatrikulation in Mathematik an der Universität Erlangen
  • 1907: Dissertation in Erlangen bei Paul Gordan, Über die Bildung des Formensystems der ternären biquadratischen Form
  • 1908-1915: Arbeit ohne Bezahlung am Mathematischen Institut in Erlangen
  • 1915: Übersiedlung an die Universität Göttingen auf Betreiben der Mathematiker Klein und Hilbert
  • 1915: Erster Versuch der Habilitation
    • Trotz Intervention Hilberts beim preußischen Ministerium wurde dem Antrag nicht stattgegeben, 1917 wurde er abgelehnt
  • 1915-1919: Erste eigene Seminare an der Uni Göttingen, allerdings wegen der fehlenden Venia Legendi offiziell nur als „Assistentin“ Hilberts
  • 1919: Auf Initiative Einsteins ein zweiter Versuch der Habilitation, dem dieses Mal schon wenige Wochen später stattgegeben wurde
    • In ihrer Habilitationsschrift entwickelt sie das Noether-Theorem, welches später zu einem der wichtigsten Sätze in der theoretischen Physik werden sollte
  • 1920-1933: Arbeit am Mathematischen Institut der Uni Göttingen, dabei verfasste sie verschiedene wegweisende Arbeiten für die Entwicklung der modernen Algebra und betreute insgesamt acht Doktoranden, beeinflusste aber noch viele weitere Mathematiker sowohl aus Deutschland als auch aus der ganzen Welt
  • 1933: Entzug der Lehrbefugnis durch die Nationalsozialisten aufgrund ihrer jüdischen Abstammung, daraufhin Emigration in die USA
  • 1934-1935: Vorlesungen und Seminare am Frauencollege Bryn Mawr, der „Schwesteruniversität“ von Princeton.
  • 14. April 1935: Tod in Folge von Komplikationen nach einer Operation

Materialien

Pressespiegel


Informationen zu weiteren Universitätsumbenennungen

Allgemein

Auf bento wurde am 9.03.2020 ein Artikel und Video veröffentlicht, in dem die Idee propagiert wurde, Universitäten nach Frauen zu benennen. Insbesondere wurde hier Emmy Noether als Namenspatronin vorgeschlagen.

In der ZEIT Nr. 12/2020 wurden zwei Artikel zum Thema „Universitäten nach Frauen benennen“ veröffentlicht (leider nur im Abo verfügbar), online jeweils am 11.03.2020:

In „Oder sie?“ fragt Christine Prußky verschiedene Personen nach Vorschlägen für weibliche Uninamen gefragt. Emmy Noether wird hier gleich zwei mal vorgeschlagen.

In „Warum nicht sie?“ fasst Anna-Lena Scholz einige Debatten zu Uninamen pointiert zusammen

Münster

Reader des AStA der Uni Münster zum Namen der Universität Münster, aber auch anderen Namensdebatten

Pressemitteilung der Uni Münster zu einem Beschluss des Senats, sich kritisch mit dem eigenen Namen auseinanderu setzen

Passau

Beitrag im BR vom 07.01.2020 zu einer Namensdebatte an de Uni Passau

Artikel in der SZ vom 11.01.2020 zur Umbenennungsdebatte in Passau und inem Blick auf weitere bayerische Universitäten

Artikel in der FAZ vom 08.01.2020 zur Umbenennungsdebatte in Passau

Greifswald

Zusammenfassung der Fakten rund um die Ablegung des Namens an der Universität Greifswald

Hannover

Im Jahresbericht der Universität 2006/07 ist auf Seite 7 eine Stellungnahme zum damals neuen Namen der Universität zu lesen.